Ok ok, nichts gegen überschwängliche Freude, denn was gibt es Schöneres, als Menschen, die sich in den Armen liegen und einfach mal alles (inklusive der Welt) um sich herum vergessen. Klar wirds dann auch mal etwas lauter!
Etwas anders gelagert scheint der Fall jedoch im aktuellen Fan-Fieber der Fußball EM – da wird sich gefreut, als lägen Geburtstag, Weihnachten und Karneval an einem Tag oder als wäre es die letzte Chance der Menschheit, oder einer Gruppe von Menschen, auf ausgelassenes Feiern. Zumindest zweiteres stimmt nicht ganz, denn nach dem Kalender der Maya geht die Welt erst 2012 unter. Also noch mindestens eine WM und eine EM.
Was an dieser EM besonders auffällt ist, das die Menschen sich gar nicht in den Armen liegen, sich gratulieren oder miteinander tanzen, sondern sich in stinkenden Auto-Schlangen (wahlweise Korso oder Stau genannt) anhupend fortbewegen oder es zumindest versuchen. Dabei gilt es anscheinend, eine möglichst große physische Distanz zu anderen Mitfeiernden zu erzeugen. Ok, wenn ich mit einem Auto zu einer Fan-Meile fahren würde, würde ich wahrscheinlich auch hupen. Aber ich käme mir schon ziemlich dumm vor, das drei Stunden am Stück zu machen – das Hupen also zum sinnentleerten Selbstzweck verkommt. Oder ist es letztenendes etwas ganz anderes? Zum Beispiel eine gewisse Boshaftigkeit, oder relativierend gesagt, eine diebische Schadenfreude, die dafür sorgt, andere Bevölkerungsgruppen auf diesen Sieg aufmerksam zu machen. Schließlich könnte es ja Menschen geben, die in der Überfluss-Kommunikationsgesellschaft (©theFogg) etwaige unwichtige Gruppensiege noch nicht mitbekommen haben – z. B. Säuglinge, Renter oder Koma-Patienten. Auch die gilt es zu erreichen beziehungsweise vom Schlafen abzuhalten.
Was aber, um den (Teufels-)kreis zu schließen, dieser Art des Freuens inherent ist, ist ein komplettes Ausblenden der Welt (auch Realität gennant), schließlich kostet Benzin ja ebendiese. Und das nicht nur auf metaphorischer Ebene! Somit gibt es vielleicht dann doch nicht mehr so viele Möglichkeiten, sich oder andere durch exzessives Hupen zu erfreuen. Damit ist die Zukunft des Auto-Korsos ebenso unsicher wie die des McDrive. By the way: die dümmste Erfindung seit Menschengedenken. Es sei denn man leidet unter einer Phobie vor Menschen. Und im Grunde genommen tun dies ja alle Menschen, die in Korsos der Wirklichkeit davonfeiern bzw. -fahren. Im ganzen also eine traurige Veranstaltung, die zur Vereinsamung führt – ob im McDrive oder sonstwo. Jede Seele, oder Bevölkerungsgruppe bleibt für sich, und damit allein!

PS: Ich gebe zu, dass das Wortspiel von Korso zu Korsar und damit zu Pirat etwas hinkt, und damit zumindest vortrefflich zu Piraten passt!

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